Die alten Schützenvereine in deutschen Landen sind nicht aus einer Laune der Zeit, aus der Stimmung einer feuchtfröhlichen Stunde entstanden, auch nicht aus dem Bedürfnis, sich in einem neuen Verein zusammenzusetzen: sie wurzeln vielmehr in der Geschichte des Ortes, in einer Zeit, als der staatliche Arm oft nicht ausreichte, dem wachsenden Gemeinwesen den nötigen Schutz zu gewähren. Aus diesem Zwang zum Selbstschutz, zum Zusammenschluss der wehrfähigen jungen Leute, entstand vorzeiten die „Schütterei“, eine Schutzgemeinschaft. Erst in späteren Jahren, als das Hochdeutsche den alten derben Ausdruck „schütten“ verdrängte, kam das Wort Schützenverein auf. Die Verhochdeutschung war nicht immer glücklich. Erinnert sei an ein krasses Beispiel unserer Zeit: von den guten, braven Schütten unserer Flüsse, Bäche, Mühlen macht der Herr Büroschreiber, dem das echte plattdeutsche Wort ein Greuel ist, „Schützen“, er läßt den Müller die „Schützen ziehen“. In alter Zeit, als das Niederdeutsche noch mächtig war, bildeten sich die Schutzgemeinschaften, die „Schüttereien“, später Schützenvereine. So war es in Schüttorf, Altendorf, Wietmarschen und auch in Uelsen. Auf eine lange Tradition schauen diese Vereine zurück. Die Herren Schreiber, oft Ortsfremde, waren nicht damit vertraut, maßten dem unbekannten Brauchtum keine Wichtigkeit bei und ihre Protokoll- bücher bringen wenig darüber. Der Chronist ist meist auf Zufallsfunde angewiesen.
So viel steht fest, daß der Sankt Peterstag, der 22. Februar, für alle alten Gebräuche des Gemeinwesens von größter Bedeutung war. In Uelsen war das ganz besonders der Fall. Da wurden auf dem Rathause die Bürgermeister und Gemeinsleute gewählt, den zuge- zogenen Neubürgern das Bürgerrecht verliehen, ihre Namen in die Bürgerrolle eingetragen, und fröhlich wurde dabei gezecht und getrunken. Die Kalkpfeifen wurden nicht kalt, Qualmwolken hüllten die lustigen Stadtväter ein. Und ganz besonders groß war der Trubel, wenn am Spätnachmittag ein singender Haufen vom „Moosbölt“ gezogen kam, den „Söntepeter- könning“ in der Mitte. Der hatte den Vogel von der Stange geschossen und holte nun vom Rat die ihm zustehenden 2½ Gulden. Mit Hallo gings nach den Häusern der Gewählten, der Dorfprominenten, wo weitere Gaben empfangen wurden. Auch die Jugend machte davon Gebrauch, brachte Ständchen und holte sich das Zehrgeld für den Abend. An diesem fröh- lichen Treiben, das zeitweilig auch mit der Dorfkirmes verbunden war, nahmen nur die Unverheirateten, die Bürgersöhne, teil. Der „Bürgerkapitän“ und der „Fähnrich“ spielten in jener Zeit wohl eine bedeutende und begehrte Rolle, diese Stellen wurden käuflich erworben. Da heißt es in einem vergilbten Protokoll: „Uelsen, 3. März 1803. Die Fähnrichsstelle ist frei geworden durch den Tod von Jan Müller, die Ausver- dingung ist nach üblicher Bekanntmachung gestern geschehen. Höchstbietender blieb Hermann Kloppenburg zeitlebens für 12 Gulden. Er ist frei von Bürgerlasten.“
Bürger-Schützenverein e.V Uelsen im Jahr 1899:
Das erste Schützenfest nach der Neugründung fand am 22.02.1899 statt. Hier ist diese Aufnahme entstanden.
Das 1. Königspaar waren Wilhelm Deppe und Johanna Ravekes.
Die Personen hinter der Musik gehören dem Schützenverein an.
Die Personen mit den weißen Mützen im Hintergrund sind derSchützenverein Neuenhaus
Die Personen nach rechts mit der Fahne sind der Kriegerverein Uelsen
Die Fahne stammt aus dem Jahr 1895 und hat folgende Aufschriften:
Kriegerverein für das Dorf und Kirchspiel Uelsen 1895
Auf der Seite mit den Farben schwarz-weiß-rot steht der Spruch:
Wir Deutsche fürchten Gott – Sonst Niemand auf der Welt!
Die Aufnahme ist in der Ortsmitte entstanden. Vorne rechts die Bäckerei Vorrink (später auch Gaststätte u.a. Vereinsgaststätte vom SV Olympia Uelsen). Hier war bis in die 1950er Jahre auch das Postamt untergebracht. Das Gebäude wurde in den 1970er Jahren abgerissen. Dahinter das Haus mit dem dunklen Dach = Gaststätte Storteboom ( später u.a. Helbos / Zoder / Huizing – letzter Wirt war Heine Schomaker. Das Gebäude wurde 1989 abgerissen. Im Jahr 2019 = Bäckerei Meier.
Als 1807 Jan Cramer stirbt, wird die Bürgerkapitänsstelle frei. Hendrik Korink erwirbt sie für 8 Gulden 15 Stüber. Nach Aufzeichnungen von Dr. Regenbogen aus dem Jahre 1910 haben sich die oben geschilderten Zustände bis etwa 1865 erhalten. Unsere ältesten Vereinsmitglieder sind der begründe- ten Meinung, daß nach 1870 der Sedantag den Süntepeterstag verdrängt hat. Blicken wir aber zunächst noch einmal zurück, so hat es den Anschein, daß die hannoversche Regierung nach 1815, nach der end- gültigen Einverleibung der Grafschaft, dem tollen Treiben am St. Peterstag Einhalt gebot, da auch die alte Form der Gemeindewahlen fortfiel. Aber die Jugend ließ sich das Süntepetersfest nicht nehmen, zog nach dem „Rott“ auf den „Moosbölt“, warf mit Torfklumpen nach dem Vogel und sang abends in den Gassen. Im Revolutionsjahr 1848, als der Freiheit Hauch mächtig durch die Welt zog, wurden auch Uelsens Bürgersöhne wieder wach und wollten ihr Süntepetersfest wieder haben, wollten wieder nach dem Vogel schießen, singen und trinken. Dies Jahr war’s zu spät, aber im kommenden! Rechtzeitig wurde der Dorfdiener mit der großen Dorfschelle durch die Straßen geschickt: Es wird am 22. Februar wieder gefeiert! An dem Tage kam nun eine vorläufige Ordnung zustande, ein Zusammenschluß wenigstens für den Tag. Auf Vogel und Flatterscheibe wurde geschossen, 75 m Abstand. 3 Mark erhielt, wer des Vogels Kopf, 1,50 Mark, wer einen Flügel herunter- holte. 5 Mark für den Hauptschützen, der den ganzen Vogel zu Boden streckte. Der wichtigste Posten war der des Kommandeurs. Da wird Willem Plaßmann genannt, der eigentlich Meier hieß, und der alte, bärtige Wigger, der als gedienter Ulan „Schwadron halt!“ kommandierte, was die Kompanie zu Fuß mit fröhlichem Lachen quittierte.
Die Kugeln wurden vom Büchsenmacher selbst gegossen, die Zündhütchen durften nicht naß werden, man hielt sich streng an der hannoverschen Ladeordnung. In den „Tenten“ (Zelten) vor Röttgers Lokal wurde abends gefeiert und getanzt, die Musik oft weither geholt, man ließ es sich schon was kosten, besonders als Stiepels Derk König war. Dem Zuge voran wehte die Dorffahne mit dem hannoverschen Roß. Mit ihr in der Hand wollten 6 der halbstarken Schützen einmal im Morgengrauen nach dem Fest Neuenhaus stürmen, mit dem man sich verkracht hatte. Aber in Hilten übermannten sie die Strapazen des vorangegangenen Tages und die Frühpost fand sie schlafend im Straßengraben. Das Welfenroß in der Fahne zog nun auf Umwegen über den Mors verschämt wieder nach Uelsen ins Rathaus. Mit dem disziplinlosen jungen Volk wollten die bei den Preußen in der Schule gewesenen Reservisten natürlich nicht auf einer Stufe stehen. Die feierten den 2. September in strammer Ordnung, der Kriegerverein verdrängte den Schützenverein, besonders als eine Autorität wie Dr. Regenbogen dahinter stand. Es war ein Unter- schied, ob ein Schützenbruder oder Kriegervereins- kamerad ihn nachts benötigte.
Aber der alte Geist zwanglosen, geselligen Zusammenseins ließ sich auf die Dauer nicht unterkriegen. Hier finden wir ein wesentliches Merkmal des Schützengeistes, der früheren „Schütterei“, als dörfliche Überlieferung: schlief er auch ein Jahrzehnt, er erwachte immer wieder aus Schlaf und Schlummer. So war es 1899, 1919 und 1949. Der 22. Februar 1849 war nicht vergessen. 50 Jahre später rief man Freunde und Gönner zum Stiftungsfeste zusammen. Damit brach für den Verein ein neuer Abschnitt an. Er gab sich Statuten, die Mitglieder wurden listenmäßig erfasst und waren beitragspflichtig. General- und Monatsversammlungen bildeten haltende Klammern.